WAZ: Das Energiekonzept – Die Stromrechnung der Zukunft – Kommentar von Jürgen Polzin

Deutschland hat seinen Pfad in die Energiezukunft
gewählt. Es ist ein Weg mit einer Behelfsbrücke und mit einer Vision
als Ziel. Die Brücke, so ist nun entschieden, soll die Atomkraft
sein, die noch knapp 30 Jahre lang Energie liefert. Die Vision: 2050
soll die Wirtschaft nahezu frei von klimaschädlichem Kohlendioxid
sein. Die Häuser und Gebäude, in denen wir leben und arbeiten, sollen
ihre Energie selber erzeugen. Und manche sagen, wir können darauf
wetten, dass unsere Autos in 40 Jahren keinen Verbrennungsmotor mehr
haben. Deutschland hat eine Skizze von der Energiezukunft. Außer ihm
hat das kein modernes Industrieland. Es werden wir Bürger sein, die
dafür in Vorleistung treten, damit kommende Generationen Wohlstand
mit Strom und Wärme genießen können – bezahlbar, verlässlich und
umweltfreundlich. Klimaschutz hat nun einen Preis. Noch ist völlig
offen, wie die Sanierungskosten der Hausbesitzer gedämpft werden
sollen. Der große Energieumbau bringt weitere Kosten mit sich. Für
viele Milliarden Euro müssen neue Stromnetze gebaut werden, von den
Windparks in Ost- und Nordsee in den Süden des Landes. Die zunehmende
Förderung der Energien aus Wind, Wasser oder Sonne bezahlen wir mit
unserer Stromrechnung. Deutschlands Pfad ist ein teurer Weg, laut
Experten aber die günstigere Variante. Er verringert die Abhängigkeit
von Kohle oder Gas, schafft neue Arbeitsplätze im Bereich der
Energietechnologien. Und er mindert den Preis, den wir dafür bezahlen
müssen, dass wir die Atmosphäre als Deponie benutzt haben. Einmalig,
epochal? Gewiss nicht. Vieles im Konzept ist ungeklärt, unter
Vorbehalt, nicht gegenfinanziert. Und egal ob Atomausstieg oder
nicht: Die Endlagerung des Atommülls ist weiterhin ungelöst. Das ist
ein Pfeiler, der unserer Brücke in die Zukunft fehlt.

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