WAZ: Das mahnende Beispiel Hertie – Kommentar von Ulf Meinke

Die Atempause für Karstadt war denkbar kurz. Wer
geglaubt hatte, mit dem Kaufvertrag für Nicolas Berggruen sei die
Rettung des Unternehmens geglückt, wurde eines Besseren belehrt.
Kommt es zu keiner Einigung mit den Vermietern rund um Goldman Sachs
und die Deutsche Bank, wäre das Kapitel Berggruen bei Karstadt
beendet, bevor es richtig begonnen hat. Es geht um mehr als eine
Kleinigkeit. Wie wichtig die Frage der Mieten im Einzelhandel ist,
zeigt das Beispiel der mittlerweile abgewickelten Warenhauskette
Hertie. Sie stürzte auch wegen zu hoher Mieten in den Abgrund. Die
Karstadt-Vermieter sollten sich gut anschauen, was aus den
Hertie-Standorten geworden ist. Es dürfte für sie nicht gerade leicht
werden, für alle Karstadt-Häuser ähnlich gute Mieter wie den
Milliardär Berggruen zu finden. Wer auf eine Zerschlagung des
Konzerns mit seinen 25 000 Mitarbeitern setzt, handelt
unverantwortlich. Keine Frage: Auch Nicolas Berggruen muss noch an
seiner Zukunftsstrategie für Karstadt feilen. Aber ein besseres
Konzept als der Berggruen-Plan ist derzeit – leider – nicht auf dem
Markt.

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