WAZ: Das Vertrauen fehlt – Kommentar von Thomas Wels

Nun sind sie alle zufrieden. Euro-Rettungsschirm
aufgespannt, große Solidarität bewiesen – weitermachen! Dabei hat
sich die EU nichts weiter verschafft als ein wenig Zeit. Selbst die
fällt kürzer aus als erhofft. Die Herabstufung der Qualitätsnote für
irische Anleihen zeigt, wie es um das Vertrauen in die Währungsunion
steht: nicht gut. Europa geht stramm auf eine Transferunion zu, nicht
geführt, auch nicht von der Kanzlerin, sondern getrieben. Schuld
daran haben nicht vermeintlich böse Spekulanten, sondern die
Regierungen in Athen, Madrid oder Dublin, die ihre Länder hemmungslos
verschuldeten (Griechenland), die dank niedriger europäischer Zinsen
Immobilienblasen (Spanien) oder Bankgeschäfte (Irland) aufpumpten.
Schuld tragen ebenso Länder wie Deutschland und Frankreich, die den
Schlendrian zugelassen, zeitweise selbst betrieben haben. Ein Schritt
in Richtung Wirtschaftsregierung sei der dauerhafte
Rettungsmechanismus – man möchte schon gerne wissen, was Merkel damit
meint. Mehr Einfluss der Politik in Brüssel? Helfen kann doch nur
mehr Selbstbeschränkung über automatische Strafen bei
Schuldenmacherei. Damit aber ist die Kanzlerin gescheitert.

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