Die Union soll wieder die Hoheit über die
Stammtische gewinnen. Diese Losung des Junge-Union-Chefs Mißfelder
vom Wochenende scheint Innenminister de Maizière vollends zu
beherzigen. Mit seinen Attacken gegen die „begüterten Eltern“ aus
Stuttgart, die ihre Kinder als Protestler instrumentalisierten, mag
er vielleicht Applaus in den Kneipen von – zum Beispiel
Berlin-Wedding – bekommen. In den schwäbischen Weinstuben hat er sich
damit aber kaum Freunde gemacht. Es ist schon bemerkenswert, wenn
ausgerechnet der Innenminister einer bürgerlichen Koalition seine
Stammklientel in derartig schroffer Weise angreift. De Maizière lässt
sich gar dazu hinreißen, das erfolgs- und leistungsorientierte
schwäbische Bürgertum in die kriminelle Ecke zu stellen, indem er ihm
unterstellt, Krankschreibungen für die eigenen Kinder frisiert zu
haben. Glaubt er ernsthaft, dass junge, vermeintlich verwöhnte
Stuttgarter sich von ihren Eltern zum Demonstrieren anstacheln
lassen? Egal, wie man zu Stuttgart 21 steht: In der Schwabenmetropole
hat der Massenprotest alle Schichten der Bevölkerung erfasst. Die
Chancen für einen grünen Ministerpräsidenten bei der Märzwahl sind
nach den Äußerungen de Maizières erheblich gestiegen.
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