WAZ: Den Bogen nichtüberspannen. Kommentar von Frank Meßing zum Streik bei Amazon

Man kann sich leicht vorstellen, was in den
Verteilzentren von Amazon im Advent los sein wird, wenn wir unsere
Weihnachtsgeschenke online bestellen oder wieder zurückschicken, wenn
sie nicht gefallen. Logistik ist ein harter Job. Amazon hat sich in
der Vergangenheit nicht damit hervorgetan, den Beschäftigten
angemessene Arbeitsbedingungen zu bieten. Der seit einem Jahr
andauernde Arbeitskampf richtet sich aber nicht nur dagegen. Verdi
will auch erreichen, dass Amazon-Kräfte nach dem komfortableren
Einzelhandels-Tarifvertrag bezahlt werden. Der Poker um mehr Geld ist
legitim. Fraglich ist jedoch, ob die Tätigkeit in einem
Logistikzentrum tatsächlich mit der Arbeit einer beratenden
Karstadt-Verkäuferin oder einem Kassierer bei Rewe zu vergleichen
ist. Die Gewerkschaft Verdi darf den Bogen nicht überspannen. Bei
aller Kritik an den Verhältnissen bei Amazon hält sich das
Online-Kaufhaus immerhin an den Logistik-Tarifvertrag und hat die
Zahl der Befristungen gedrosselt. Die Kunden wollen bequeme und
günstige Lieferungen. Höhere Löhne würden am Ende auch sie zu spüren
bekommen.

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