WAZ: Der Aufschwung – ein Märchen? Kommentar von Ulf Meinke

Ein solches Plus hat es seit Einführung der
gesamtdeutschen Konjunktur-Statistik im Jahr 1991 noch nicht gegeben.
Die deutsche Wirtschaft wächst wieder – und zwar rasant. Von April
bis Juni erhöhte sich die Wirtschaftsleistung um 4,1 Prozent im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Viele Firmen fahren wieder Gewinne
ein, der Arbeitsmarkt ist robust, die Inflation niedrig. Die Krise,
so scheint es, ist vorüber.

Selbst in sonst eher nüchternen Wirtschaftszirkeln ist nun von
einem „deutschen Sommermärchen“ die Rede. Allerdings muss sich noch
herausstellen, wie viel Dichtung oder Wahrheit in diesem Märchen
steckt. Wohlgemerkt: In der jetzt bejubelten Statistik geht es um
einen Zeitraum, der drei Monate umfasst – und nicht etwa drei Jahre.
Wie nachhaltig der Aufschwung tatsächlich ist, wird sich erst später
zeigen.

Wirklich bewältigt sind die Folgen der Krise nämlich nicht. Das
Wachstum wurde auch durch Staatsdefizite erkauft, und es wird lange
dauern, die Schuldenberge abzutragen. Es ist beinahe skurril: Noch
bevor beantwortet wurde, wer für die Krise bezahlen soll, stellt sich
die Frage: Wer profitiert eigentlich vom Aufschwung?

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