WAZ: Der Härtefall – Kommentar von Miguel Sanches

Urteile gibt–s. Ein Mann, der sich als Frau
empfindet, klagt sein Recht ein, mit einer Frau eine „Homo-Ehe“
einzugehen. Er wehrt sich dagegen, dass er erst seine Geschlechts-
teile umwandeln lassen muss, bevor seine Transsexualität anerkannt
wird. Den Fall muss man sich durch den Kopf gehen lassen. Kein
Regisseur wäre darauf gekommen, die Realität ist spannender als die
Fiktion. Eine Operation sei unzumutbar, befand Karlsruhe und erklärte
das Transsexuellengesetz für verfassungswidrig. Es geht um das Recht
auf körperliche Unversehrtheit und auf sexuelle Selbstbestimmung. Es
ist ein liberales Urteil, und so seltsam es klingen mag: In Berlin
haben sie darauf gewartet. Denn das Transsexuellengesetz ist selbst
der Härtefall, und das wussten sie in allen Parteien. Das Urteil ist
ein bestellter Sachzwang. Wer seine sexuelle Identität ändern möchte,
muss zwei Gutachter überzeugen. Für eine Ehe baut das Gesetz höhere
Hürden auf: Ein Mann muss Penis und Hoden, eine Frau Gebärmutter und
Eierstöcke entfernen lassen. Das ist riskant und unzumutbar. Für
diese Menschen muss es einen milderen Weg geben, die sexuelle
Identität zu beweisen.

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