Wären die Kirchen wirklich die großzügigen,
fürsorglichen und fairen Arbeitgeber, als die sie sich ausgeben,
niemand würde sie bestreiken wollen. Das sind sie aber nicht. Im
harten Wettbewerb der Pflegebranche hantieren die Manager von
Diakonie und Caritas mit den gleichen Methoden, die ihre private
Konkurrenz anwendet: Leiharbeit, Ausgliederung, unbezahlte
Überstunden. Und das alles unter dem Deckmantel des Dienstes am
Nächsten. Da sind die Privaten in ihren marktwirtschaftlichen Motiven
immerhin ehrlicher. Es stimmt ja: die kirchlichen Arbeitgeber dürfen
keine Gewinne machen. Das macht es für die Beschäftigten, die für
wenig Geld viel leisten, aber nur schlimmer. Von Nächstenliebe muss
ihnen niemand etwas erzählen, sie praktizieren sie Tag für Tag. Dass
ihr Arbeitgeber genauso pfleglich mit ihnen umginge, vermissen viele.
Die Kirchen müssen sich dem im Niedriglohnsektor Pflege so
offensichtlichen Zwiespalt zwischen moralischem Anspruch und
Arbeitswirklichkeit endlich stellen. Solange sie das nicht tun,
bleiben bischöfliche Brandreden gegen Leiharbeit und für Mindestlöhne
unglaubwürdig.
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