Selten geht es bei einer politischen Entscheidung
gleich um derart viele Fragen von grundlegender Bedeutung: Darf all
das, was Forschung und Technik möglich machen, auch verwirklicht
werden? Wo beginnt menschliches Leben? Darf gerade erst entstehendes
Leben vernichtet werden, um großes Leid zu vermeiden? Die
Abgeordneten des Bundestags werden sich diesen Fragen stellen müssen,
wenn es zur Abstimmung über Gentests an Embryonen kommt.
Die Befürworter der sogenannten Präimplantations-Diagnostik, kurz
PID, bei der Embryonen vor dem Einsetzen in den Mutterleib untersucht
und – bei Diagnose einer schweren Erbkrankheit – vernichtet werden,
führen gewichtige Argumente an. PID erspart, zu einem Zeitpunkt, da
Leben erst entsteht, einem Kind und den Eltern schweres, womöglich
lebenslanges Leid. Und ist PID nicht der bessere Weg angesichts der
Tatsache, dass eine schwere Erbkrankheit bis in den neunten
Schwangerschaftsmonat hinein Grund für eine (legale) Abtreibung ist?
Auf der anderen Seite warnen die PID-Gegner vor willkürlicher
Selektion. Wenn eine schwere Krankheit oder Behinderung das
Aussortieren eines Embryos rechtfertigt, warum gilt nicht das Gleiche
für eine drohende Herzkrankheit? Oder Krebs? Wo liegt die Grenze und
wer zieht sie? Politiker? Ärzte? Was, wenn Eltern demnächst
Geschlecht, Haar- oder Augenfarbe ihres Kindes vorbestimmen wollen?
Stoßen wir hier nicht die Tür zum Designer-Baby auf?
In der Tat ist dieses Risiko nicht von der Hand zu weisen, und
würde es Realität, so wäre dies verheerend. Doch es ist nicht
vermittelbar, eine Spätabtreibung ungeborener Kinder zu erlauben,
sofern sie mit einer schweren Krankheit belastet sind, gleichzeitig
jedoch das Aussortieren des Embryos außerhalb des Mutterleibs zu
verbieten. Solange Abtreibungen erlaubt sind, ist PID die bessere
und, ja, die menschlichere Alternative. Bei allen berechtigten
Bedenken.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de