Die effektivste Waffe ist immer noch eine, die durch
ihre bloße Existenz für Ruhe sorgt und gar nicht erst gezogen werden
muss. Das gilt auch für die schärfste Waffe des EZB-Chefs – die
„Bazooka“ getaufte Geldschwemme mittels Massenankauf von
Staatsanleihen. Dass Draghi seit zweieinhalb Jahren glaubhaft droht,
sie im Ernstfall einzusetzen, hat die Finanzmärkte tatsächlich
beruhigt. Sein Versprechen, den Euro mit allen Mitteln zu
verteidigen, trug auch dazu bei, dass Länder in Südeuropa sich längst
wieder Geld zu niedrigen Zinsen leihen können.
Dass es wirklich nötig sein soll, den Kontinent jetzt mit Geld zu
fluten, ist mehr als fraglich. Die Mahnungen, das Geld diene vor
allem der Sanierung der angeschlagenen Banken in Südeuropa und
weniger der dortigen Realwirtschaft, sind nachvollziehbar. Und die
langsam fruchtende Reformpolitik in Italien, Spanien und Portugal
wird durch die Geldschwemme sicher nicht gefördert. Das Problem ist
nur: Im Gegensatz zur militärischen Abschreckung wirkt die
Geld-Bazooka nur eine gewisse Zeit. Die Märkte haben sie längst
eingepreist, wie der Rekord-Dax zeigt. Da alle anderen Maßnahmen wie
der nahe Null gedrückte Leitzins nicht viel gebracht haben, muss
Draghi sein letztes Mittel irgendwann auch einsetzen. Sonst verliert
er seine Glaubwürdigkeit.
Draghi feuert mehr aus taktischen denn aus ökonomischen Gründen.
Was dabei fast untergeht, ist der Dammbruch der Vergemeinschaftung
unserer Schulden. Eurobonds, gemeinsame Schuldscheine, waren aus
gutem Grund nicht durchsetzbar. Die Anleihenkäufe sind aber fast
dasselbe, nur dass Deutschland für die Schulden anderer nicht direkt,
sondern indirekt über die EZB haftet. Merkel wird das kritisieren,
aber auf die Unabhängigkeit der EZB verweisen. Die neue Abhängigkeit
der Bundesbank von der EZB wird sie eher nicht erwähnen.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de