WAZ: Die Grenzen der Großzügigkeit – Kommentar von Knut Pries

Ebnet Brüssel allen Bedürftigen in der EU den freien
Zugang zu den Segnungen des deutschen Wohlfahrtsstaates? Die
EU-Kommission agiert mitunter politisch reichlich unbedarft – aber so
blind ist sie nicht, dass sie es vier Monate vor der Europawahl
darauf anlegen würde, mit einer Kampagne für grenzenlose
Großzügigkeit im Umgang mit arbeitslosen EU-Bürgern den
Rechtspopulisten weitere Sympathisanten zuzutreiben.

Die Vorbehalte kommen vielmehr aus Luxemburg: Das dortige
EU-Gericht hat Zweifel an der deutschen Regelung, die arbeitslosen
EU-Ausländern pauschal Hartz IV verwehrt. Diese Zweifel sind nicht
neu, sondern in bereits ergangenen Urteilen nachzulesen.

Die Kommission konnte die Rechtsprechung nicht einfach ignorieren.
Die widersprüchlichen Urteile deutscher Gerichte haben eine
Rechtsunsicherheit offenkundig werden lassen, die nicht andauern
darf. Die Balance zwischen Freizügigkeit des Einzelnen auf der einen
Seite und Vorkehrungen gegen Überbeanspruchung der Sozialsysteme
andererseits wird zwar viel beschworen, ist aber weder juristisch
noch praktisch gegeben. Ob unser Sozialrecht korrigiert werden muss,
ist völlig offen.

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