WAZ: Die Nato hat versagt – Kommentar von Knut Pries

Natürlich sind die Motive des französischen Eifers
in Libyen dubios. Präsident Sarkozy hat viel gutzumachen. Bei der
Kumpelei mit Gaddafi hat sich Paris besonders hervorgetan, um so
größer ist jetzt das Bedürfnis, den Schaden durch demonstrative Härte
zu reparieren. Eines jedoch ist Sarkozy und den anderen Antreibern
nicht vorzuwerfen: mangelnde Offenheit. Sie haben keinen Zweifel
daran gelassen, dass sie gegen den Gewaltherrscher in Tripolis Gewalt
für unumgänglich halten, so rasch wie möglich. Insofern ist das
Befremden, das aus dem arabischen Lager, dem UN-Sicherheitsrat und
von einzelnen westlichen Verbündeten zu hören ist, Heuchelei. Die
Kritik aus der Arabischen Liga geht an der Sache vorbei. Man hat nach
Hilfe gerufen, um ein Problem im eigenen Hinterhof zu lösen, mit dem
man allein nicht fertig wurde. Jetzt will man es nicht gewesen sein.
Aber auch das Gezerre in der Nato, wo Frankreich und die Türkei
ungerührt Prestige-Interessen verfolgen, ist ärgerlich. „Wir stehen
bereit“, hatte Nato-Generalsekretär Rasmussen verkündet. Leider galt
das nur für Kampfjets und Raketen. Als Willensgemeinschaft hat das
Bündnis versagt.

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