In Stuttgart kettet man sich nicht mehr an Bäume.
Man sprüht nicht mehr mit Pfefferspray. Wer vor Wochen vom
„Fehdehandschuh“ redete oder „Lügenpack“ rief, der gab sich gestern
zivilisiert die Hand. In Stuttgart herrscht Ruhe im Rathaus und vor
allem vor dem Bahnhof. Das ist ein kleiner Erfolg. Kommt jetzt, nach
der Schlichtung, auch der große? Die Einigung auf ein neues Projekt?
Eines, das ohne Bäumefällen und ohne Abriss entsteht und das trotzdem
unter der Erde liegen wird und Platz macht für neue Wohnviertel oben
und an eine Schnellfahrstrecke nach Ulm anschließt? Wer an
eierlegende Wollmilchsäue glaubt, der darf da „Ja“ sagen. Heiner
Geißler glaubt nicht an Fabelwesen. Der Schlichter von Stuttgart ist
Realist. Aus seinen Worten und seiner Regie in der ersten Runde
ergibt sich, was sein eigentliches Ziel ist: ein gesellschaftlicher
Friede, der auf Offenheit der Planung und regem Informations- und
Meinungsaustausch fußt. Der gerne als Vorbild für andere Großvorhaben
dient. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Am Ende mag
Stuttgart 21 gebaut oder durch eine andere Landtagsmehrheit
gekippt werden. Oder es kommt doch noch zur Volksabstimmung. Die
Schlichtung wird dann eine Episode gewesen sein.
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