WAZ: Die Zeit des Tricksens ist vorbei – Kommentar von Christian Kerl zu Griechenland

Langsam scheint auch der griechische Premier Tsipras
den Ernst der Lage begriffen zu haben: Seine Reformliste, die
Voraussetzung ist für weitere Hilfskredite, hat zwar noch
Schwachstellen. Aber mit der Rückkehr zum Privatisierungsprogramm und
einer Anhebung des Rentenalters beginnt Tsipras, seinen Wählern
reinen Wein einzuschenken. Gut so. Allerdings: Angekündigt hat der
Premier schon viel, umgesetzt so gut wie nichts.

Im Kanzleramt ging es gestern vor allem um den Versuch, die
Zerrüttung im Verhältnis beider Länder zu stoppen und ein Mindestmaß
an gegenseitigem Verständnis zu entwickeln. Die deutsch-griechischen
Zankereien müssen ein Ende haben, da sind sich die Regierungschefs
einig. Ein Anfang ist gemacht. Aber so belastend die antideutsche
Propaganda aus Athen und manche Schimpftirade aus Berlin auch waren –
in der Eurokrise ist das nur ein Nebenschauplatz. Tsipras hat es auch
im Kanzleramt erfahren müssen: Die Zeit des Tricksens und Täuschens
ist vorbei. Ohne Umkehr rauscht das Land in die Staatspleite – egal,
wie gut oder schlecht sich Tsipras und Merkel persönlich verstehen.

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