Hat Angela Merkel den Euro gerettet? Leichte Frage,
unbefriedigende Antwort: Man weiß es nicht. Noch nicht. Die deutsche
Kanzlerin hat das nicht mehr in der Hand, ebenso wenig wie die
anderen Regierungschefs. Das Urteil über diese einmalige
Rettungsaktion wird nicht mehr in der Politik gefällt, sondern von
der Wirtschaft. Hört die Spekulation gegen die Unsoliden auf, steht
Merkel als Euro-Königin in den Geschichtsbüchern. Trauen sie der
Politik nicht, sieht die Kanzlerin aus wie Europas Spalterin.
Fest steht jedenfalls, dass es kein deutscher Alleingang war. Es
gab dieses angebliche deutsche Diktat nie. Nicht nur Frankreichs
Sarkozy stand an der Seite der Deutschen, auch Länder wie Polen.
Merkel hat nur beherzt geführt. Sie hat also die Rolle angenommen,
die viele andere Länder von ihr schon lange gefordert hatten. Ob sie
zu lange gezaudert hat – wer will das beurteilen?
Unter dem Strich hat Europa die Lektion der vergangenen Monate
unter Schmerzen gelernt: Schulden sind von Übel. Sie sind nicht nur
die Steuer-Erhöhungen von morgen, das wusste man schon lange. Sie
bedeuten auch, an den Märkten für Staatskredite dramatisch höhere
Zinsen zahlen zu müssen. Schulden sind doppelt teuer. Dass
Deutschland zuletzt noch einmal seine Schulden erhöhte, ist
ärgerlich.
Um die Briten, die nun in Europa völlig allein dastehen, muss man
nicht trauern. Premier Cameron fährt nun ohne Ergebnis nach Hause.
Erreicht hat er nichts. Europa lässt sich eben auch nicht von der
Londoner City die politischen Spielregeln diktieren. Das wollte der
Briten-Premier, damit ist er gescheitert. Zu Recht. Er erweist sich
unfreiwillig als Enkel der Eisernen Lady Margaret Thatcher, die 1984
auf den Tisch haute: „Ich will mein Geld zurück.“ Die übrigen
Europäer hat das schon damals nicht aufgehalten.
Natürlich ist die Umsetzung der Gipfel- Beschlüsse weit mehr als
nur ein Detail. Ist der vereinbarte europäische Parallel-Vertrag
überhaupt mit der deutschen Verfassung vereinbar? Muss er durch den
Bundestag? Berührt er den Grundgesetz-Artikel 146, dann müsste es gar
eine Volksabstimmung geben. Viel Arbeit also für Juristen.
Fazit: Diese Einigung, die weniger aus politischer Einsicht als
vielmehr unter dem Druck der Finanzmärkte zustande kam, ist ein
Erfolg. Man mag sich lieber nicht vorstellen, was mit Europa passiert
wäre, hätte der alte Kontinent in dieser Stunde versagt.
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