WAZ: Ein Gebot der Klugheit. Kommentar von Theo Schumacher

Wer das Volk erst entdeckt, wenn es zu spät ist,
zahlt meist drauf. Das ist die Lehre aus dem Widerstand gegen
Stuttgart 21, aber auch gegen die Kraftwerksruine in Datteln. Man
muss kein Populist sein, um eine bessere Kultur der Beteiligung
anzumahnen. Planungsdiktate sind von gestern. Für Politik und
Wirtschaft mag es anstrengend sein, Betroffene frühzeitig
einzubinden. Am Ende aber spart es Zeit und Geld.

Mehr Mitsprache, mehr direkte Demokratie – auch in NRW trägt die
Koalition solch hehre Ziele wie auf einem Silbertablett vor sich her.
Doch die breit angelegte „Akzeptanz-Offensive“, mit der die Regierung
beim argwöhnischen Bürger um Verständnis für industrielle
Großprojekte werben will, lässt auf sich warten. Und die Hürden für
Volksbegehren sind weiter so hoch, dass es seit Jahrzehnten zu keinem
einzigen Volksentscheid mehr gekommen ist.

Die CDU hat es in der Hand, mit Rot-Grün die Verfassung zu
modernisieren. Es ist keine Abwertung der Volksvertreter, wenn sie
das Volk stärker mitbestimmen lassen. In Zeiten wachsenden Frusts
über die Rituale der Politik ist es ein Gebot der Klugheit.

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