WAZ: Es gibt immer zu wenig Freizeit. Kommentar von Julia Emmrich

Die Deutschen schlafen im Schnitt rund sieben
Stunden pro Nacht. Bei Berufstätigen bleiben dann noch 17 Stunden für
Job, Partnerschaft, Familie, Haushalt, Freizeit. Das klingt machbar.
Und trotzdem sehnen sich nahezu alle Menschen zwischen 25 und 65 nach
mehr freier Zeit. Ein uralter Menschheitswunsch – und dennoch:
Selbst wenn eine große Koalition den 48-Stunden-Tag beschließen
würde, wir würden ihn wieder voll packen und aufs Neue drauflos
jammern.

Die Forscher der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen ermitteln
seit über zwei Jahrzehnten, was die Deutschen in ihrer Freizeit
treiben. Sie unterscheiden Erledigungszeit und Freizeit, Pflicht und
Kür. Freizeit – das bedeutet, etwas tun zu können, ohne es tun zu
müssen. Klingt nach einem Sommernachmittag in der Kindheit. Aber
hilft diese Unterscheidung? Macht
sie uns nicht permanent
unzufrieden?

Nehmen wir mal die Gartenarbeit. Wir stöhnen übers Rasenmähen –
aber zwingt uns denn einer, einen Garten zu haben? Oder: 1957 landete
„Mit den Kindern spielen“ unter den Top Ten der Freizeitwünsche.
Heute würden viele erziehungsmüde Eltern sagen: Echte Freizeit ist
nicht die Zeit mit den Kindern. Freizeit ist Zeit nur für mich. Was
man daran sieht: Freizeit ist vor allem eine Frage der Definition,
nicht nur der Menge.

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