WAZ: Fatales Spiel mit der Angst. Kommentar von Tobias Blasius

In der Atomkugel-Affäre der Landesregierung mag in
den kommenden Monaten noch viel behördeninternes Papier gewälzt und
mancher Vorwurf widerlegt werden. Schon jetzt aber darf als gesichert
gelten: Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) hätte nie und
nimmer öffentlich den Eindruck erwecken dürfen, Atommüll aus dem
ehemaligen Forschungsreaktor Jülich werde vermisst oder sei womöglich
illegal eingelagert worden.

Genau das aber hat sie gleich mehrfach getan, nachlesbar auf
offiziellem Papier. Wer ein Regierungsamt bekleidet, kann bei einem
solchen Angstthema wie der Kernkraft nicht unverblümt spekulieren wie
ein Oppositionshinterbänkler. Selbst wenn es gerade in den Zeitgeist
passen mag. Machtausübung erfordert Reife, Instinkt und
handwerkliches Können.

Schulze hat mindestens fahrlässig Atomängste geschürt. Es sind
schon Minister wegen kleinerer Pannen zurückgetreten. Sollte sich
Schulze dennoch im Amt halten, warten auch auf Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft Wochen des Missvergnügens. In einem parlamentarischen
Untersuchungsausschuss wird die Opposition diese Affäre gewiss in
liebevoller Kleinarbeit sezieren. Zeugenbefragungen, Medienrummel,
das ganze Programm. Womöglich nimmt dann auch noch der für die
Atomaufsicht zuständige Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger
Schaden.

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