WAZ: Frage der Gerechtigkeit – Kommentar von Michael Kohlstadt zu Kindergeld-Betrug

Eigentlich ist die Debatte über den missbräuchlichen
Kindergeldbezug ein alter Hut. Seit Jahren klagen Bürger und Behörden
darüber, wie es bestimmten Gruppierungen von EU-Ausländern gelingt,
die deutschen Sozialsysteme zu ihrem Vorteil auszunutzen. Geht es um
Betrug, muss der Staat umgehend einschreiten. Das ist in der
Vergangenheit oft viel zu lax geschehen. Und es ist vollkommen
legitim, laut über schärfere Kriterien nachzudenken, so wie es Sigmar
Gabriel jetzt spät tut.

Freilich liegt die Sache nicht so einfach, wie es die Forderung
des SPD-Chefs nach neuen Kindergeld-Regeln für EU-Ausländer
suggeriert. Ist denn gleich jeder Bezug von Kindergeld durch eine
bitterarme Roma-Familie ein himmelschreiender Skandal? Und hat es
eine Frau aus Osteuropa, die die großen Personallücken in unseren
Pflegeheimen ausfüllt und ihren Nachwuchs dafür daheim lässt,
verdient, dass man ihr das Kindergeld kürzt, nicht aber der deutsche
Einkommensmillionär? Fragen der sozialen Gerechtigkeit sollte man
offen diskutieren und sie nicht einem vermeintlichen Volkswillen
opfern, auch wenn das Wahljahr vor der Tür steht. Das gilt für alle,
besonders aber für Sozialdemokraten.

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