WAZ: Fragwürdige Strategie – Kommentar von Walter Bau

Also sprach die Kanzlerin: „So viel ist ja klar: Den
Ausstieg aus der Kernkraft beschließen und anschließend Atomstrom aus
dem Ausland importieren – das ist nicht überzeugend.“ Das war im
letzten Mai. Und wie ist die Lage heute? Die Abschaltung von acht
deutschen Atommeilern scheint genau zu dem zu führen, was Angela
Merkel damals nicht wollte: Die Einfuhr von Atomstrom aus
Kernkraftwerken in Frankreich und Tschechien nach Deutschland ist
offenbar in den letzten Monaten gestiegen. Der Atomausstieg nach dem
Schock von Fukushima – nicht mehr als ein Etikettenschwindel? So weit
ist es noch nicht, aber die Regierung Merkel muss aufpassen, nicht in
ihre eigene Falle zu tappen. Der beschlossene Atomausstieg bis zum
Jahr 2022 ist ein mehr als ehrgeiziges Vorhaben. Was soll die Lücke
füllen, die der Ausstieg reißt? Kohlekraftwerke sind ökologisch nicht
eben eine verlockende Alternative, zudem in der Bevölkerung nur noch
schwer durchsetzbar. Ähnlich sieht es bei Gaskraftwerken aus. Und der
weitere Ausbau regenerativer Energien läuft nur schleppend an.
Merkels Strategie? Fragwürdig – und nicht gerade überzeugend.

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