WAZ: Für eine Handvoll Euro mehr – Kommentar von GerdHeidecke

Wenn man Minijobs für richtig hält, dann ist die
erste Anhebung seit 2003 überfällig. An der grundsätzlichen
Problematik der geringfügigen Beschäftigung ändert die neue
Verdienstgrenze von 450 statt 400 Euro jedoch nichts. Zweifellos hat
der Minijob besonders in Privathaushalten dazu beigetragen,
Schwarzarbeitsverhältnisse zu ersetzen. Zudem sind die Minijobber
zumindest unfallversichert. Viele von ihnen würden gerne mehr
verdienen, viele private Arbeitgeber mehr Lohn bezahlen. Aber bei der
bisherigen Grenze müssten sie gegen Gesetze verstoßen oder deutlich
höhere Sozialabgaben bezahlen. Die Anhebung der Grenze ist daher
richtig. Als Brücke für Arbeitslose in eine Vollzeitstelle ist das
Minijob-Modell jedoch weitestgehend gescheitert. Gerade im Handel ist
das Gegenteil des angestrebten Effekts eingetreten. Hier wurden
Vollzeit- durch Minijobs ersetzt. Und die geringfügig Beschäftigten
verdienen nicht nur geringfügig weniger. Sie sind außerdem
Arbeitnehmer zweiter Klasse und das verfassungsgemäß garantierte
Streikrecht steht für sie nur auf dem Papier. Die eigentliche Aufgabe
der Politik liegt darin, den Minijob neu zu definieren. Die
Entgeltobergrenze ist dabei nur ein, wenn auch wichtiger Punkt.

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