WAZ: Historischer Prozess. Kommentar von Martin Gehlen

Der 3. August war ein historischer Tag für Ägypten.
Zum ersten Mal seit den Zeiten der Pharaonen musste sich ein
Herrscher am Nil vor einem ordentlichen Gericht eine Anklage auf
Mord, Mordversuch und Selbstbereicherung anhören.

Damit ist er noch nicht verurteilt, doch das Signal ist gesetzt:
Auch unantastbare Potentaten können eines Tages für ihre Untaten zur
Verantwortung gezogen werden. Und so fokussiert sich in dem
spektakulären Verfahren noch einmal die ganze nationale Erfahrung des
Landes der letzten 30 Jahre – die immer fester angezogenen Schrauben
des Regimes, die Willkür des Machtapparats und schließlich die
erfolgreiche Selbstbefreiung des Volkes.

Der Prozess wühlt die Nation auf. Hosni Mubarak sei kein Saddam
Hussein, sagen die einen und haben Recht. Andere trauern um ihre
Kinder oder Geschwister und fordern eine Strafe, wie sie jeder
namenlose Mörder erhalten würde. Die wenigsten Menschen am Nil wollen
Mubarak am Ende wirklich hängen sehen. Ihnen reicht ein
rechtskräftiges Urteil und Arrest bis zum Lebensende. Und das wäre
schon Menetekel genug für die übrigen Despoten der Region.

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