Der sechsjährige Schüler konnte kaum still sitzen,
manchmal kippte der hochbegabte Junge vor lauter Zappelei sogar vom
Stuhl. Seine Lehrerin legte ihm eine Sandweste um, seither sei er
ruhiger, könne sich selber besser spüren und konzentrieren.
Etwa 200 Schulen in Deutschland setzen diese Methode ein und viele
Lehrer sind begeistert von der Wirkung. Wenn–s hilft, mag man denken.
Besser als Ritalin und andere Medikamente gegen
Aufmerksamkeitsstörungen ist es allemal.
Doch so einfach ist das nicht. Zwar mag die Wirkung zum Teil
verblüffend sein, doch behebt die fragwürdige Methode lediglich
kurzfristig die Symptome, nicht die Ursachen der Probleme. Kindern
eine schwere Weste anzulegen, ist allenfalls eine Notlösung,
pädagogisch sinnvoll ist es nicht.
Zudem verdreht das Verfahren die Perspektive: Es verlangt, dass
sich Kinder mit diagnostizierten Wahrnehmungsstörungen ändern müssen,
damit sie in den Regelunterricht passen.
Stattdessen müsste sich die Pädagogik ändern, etwa durch kleinere
Klassen, mehr Bewegung und speziell zugeschnittene Konzepte. So
gesehen sind die Sandwesten eher ein Zeichen für einen Missstand als
ein Zaubermittel.
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