WAZ: Kontrolle ist nicht alles. Kommentar von Hayke Lanwert

Die Menschen in Norwegen hätten in ihrem Schock, in
ihrer Trauer sicher allen Grund, heftig auf das unfassbare Attentat
zu reagieren. Sie könnten mehr Polizeipräsenz fordern, sie könnten
dazu neigen, eine Verschärfung der Gesetze, eine Einschränkung von
Freiheiten als Garant für mehr Sicherheit in ihrem Land zu sehen.

Sie tun es nicht. Stattdessen gehen die Menschen auf die Straße,
dicht an dicht, zu Hunderttausenden und zeigen: Wir haben keine
Angst, wir stehen zu unserer Demokratie, ja, auch zu unserer
multikulturellen Gesellschaft.

Es ist so einfach, nach mehr Polizei, nach mehr Restriktionen zu
rufen. Es ist wie ein Reflex. Was jedoch härtere Maßnahmen des
Staates bewirken können, konnte man in den 70er-Jahren beobachten,
als sich Deutschland gegen den linken Terrorismus wehrte. Nicht alles
tat damals unserer jungen Demokratie gut. Sicher brauchen wir eine
solide Kontrolle politischer Extremisten. Auch im Netz. Doch was uns
mehr schützt als das, sind offene, tabulose gesellschaftspolitische
Diskussionen. Darüber, was funktioniert in Deutschland, was nicht.
Extremismus jedoch wird es wohl immer geben.

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