Zu Weihnachten hängt im Vatikan der Haussegen
schief: Franziskus hat sich sein Führungspersonal vorgeknöpft. Die
drastischen Worte, mit denen der Papst gestern Kardinäle und Bischöfe
abkanzelte, lassen zwei Schlüsse zu – beide Varianten deuten auf
einen veritablen Machtkampf hinter den vatikanischen Mauern hin.
Die eine Möglichkeit: Der Pontifex verliert die Geduld, der Wandel
– weg von Pomp und Bürokratie, hin zu einer volksnahen Kirche – geht
dem 78-Jährigen zu langsam voran. Dann wäre seine klare Ansprache
eine letzte Warnung an eitle Höflinge und hartleibige
Hinterzimmer-Intriganten: Richtet euch auf personelle Konsequenzen
ein!
Die zweite – und noch viel dramatischere – Variante geht so: Die
Brandrede, gehalten gleichsam vor den Augen und Ohren der
Öffentlichkeit, ist ein Hilferuf des Papstes an die Gläubigen. Seine
Botschaft: Ich schaffe den Wandel allein nicht, unterstützt mich im
Kampf gegen die Front der Bewahrer!
So oder so: Im Vatikan geht es spätestens seit gestern ums Ganze.
Franziskus hat noch lange nicht gewonnen.
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