WAZ: Nato-Appell zur Aufrüstung ohne Berliner Rückhalt

Der Appell von Nato-Generalsekretär Anders Fogh
Rasmussen, mehr Geld für die Verteidigung auszugeben, ist in Berlin
verpufft. „Er sollte sich der Wirklichkeit stellen: Alle haben leere
Kassen“, sagte SPD-Wehrexperte Rainer Arnold der Westdeutschen
Allgemeinen Zeitung (Dienstagausgabe). Der Grünen-Politiker Jürgen
Trittin wünschte Rasmussen „fröhliche Diskussionen“ in den
Nato-Staaten, „wenn sie die Militärbudgets hochfahren, während
Pensionären die Rente gestrichen wird und jugendliche Arbeitslose auf
die Straßen gehen“. Für „unrealistisch“ hält auch der
CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff die Forderung nach höheren
Wehretats. Aber wie Rasmussen zieht er aus der Krise in der Ukraine
die Lehre, dass die Nato sich besser wappnen müsse. Nach der
Annektierung der Krim „haben wir eine neue Bedrohungssituation“. Der
CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte hält den Wehretat zwar noch
für ausreichend für das kommende Jahr, doch müsse er fortführend
überprüft, gegebenenfalls verändert werden. Schockenhoff und Arnold
glauben, dass die Nato effizienter werden kann. „Wir geben viel Geld
aus und bekommen zu wenig dafür, weil jedes Land vor sich hin
wurstelt“, so Arnold. Wer nach Aufrüstung rufe, trägt nach Ansicht
von Linken-Fraktionschef Gregor Gysi nichts dazu bei, den Konflikt in
der Ukraine friedlich zu lösen. „Der Nato-Generalsekretär spielt mit
dem Feuer“, sagte er. SPD-Mann Arnold hat bei Rasmussen „langsam den
Eindruck, dass er versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen, um die
Nato stärker zu machen“. Dazu Trittin: „Das ist Krisengewinnlertum.“
Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sieht keinen Grund, von der
Zusage der Nato aus dem Jahr 1997 abzurücken, keine Waffen und
Truppen in großem Stil an die Ostgrenzen zu verlegen. Gysi warf
Rasmussen vor, das Denken in militärischen Kategorien verhindere eine
neue Sicherheitsordnung. Die könne nicht gegen, „sondern nur mit
Russland gefunden werden.“ Otte (CDU) gibt zu bedenken, dass sich
Nato-Partner wie Polen oder die baltischen Staaten bedroht fühlten.
Man müsse zeigen, „dass die Nato den Schutz des Bündnisgebietes zu
jeder Zeit sichert“. Trittin sagte, Russland müsse wissen, dass es
keine Nato-Mitglieder zweiter Klasse gebe. „Wenn ein Nato-Mitglied
angegriffen wird, muss die Allianz zusammenstehen und es auch
verteidigen“.

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