WAZ: Nazis in Dortmund. Kommentar von Ulrich Reitz

In den meisten europäischen Metropolen, Paris
vorweg, beherrschte ein wunderbares, jugendliches, buntes, tolerantes
Menschengemisch die Straßen, bevor die Nazis diesen demokratischen,
liberalen, europäischen Geist zertraten. Man kann das nachlesen bei
Stefan Zweig (Erinnerungen eines Europäers) und gerade sendet Woody
Allen (Midnight in Paris) die betörenden Bilder aus dieser so
leichten und freien Zeit in unsere Kinosäle. Nicht zu vergessen, wie
damals unsere Kultur zerstört wurde, wie groß dieser Rückschlag für
das zivilisierte Europa war, darum geht es. Ein Nazi-Aufmarsch in
Dortmund, das darf nicht sein.

Sie feiern schon wieder ihre kleinen, gefährlichen Triumphe. In
Dorstfeld wollen sie Straßen erobern. Es ist ein Kampf gegen uns und
unsere Werte. Wegsehen wäre genau das Falsche. Banalisieren aber
auch. Wenn ein Stadtoberhaupt in der liebenswürdigen Absicht, den Ruf
seiner Stadt zu schützen, von einem importierten Phänomen spricht,
dann ist das aber eben auch naiv. Schon vor 30 Jahren wurden,
erzählen Fußballreporter, in Kneipen um den Borsigplatz, dieser
beschworenen Herzkammer der Sozialdemokratie, braune Lieder gesungen.

Null Toleranz von Beginn an, keine rechtsfreien Räume dulden,
massive Polizeipräsenz zeigen und großzügig Nächte in
Untersuchungshaft zu verteilen, das ist das richtige Rezept einer
Demokratie, die ihre Gefährdung nicht hinnimmt.

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