Solange Kinder nach der süßesten Süßigkeit gieren,
wird kein Lebensmittelriese freiwillig an der raffinierten
Industriesüße sparen. Die Speckhüften der Grundschüler sorgen für
fette Gewinne der Weltkonzerne. Ihre Sorge um die Gesundheit unserer
Kinder ist so glaubwürdig wie die Warnung einer Schnapsbrennerei vor
Alkoholsucht. Wenn Nestlé nun den Zuckergehalt in Frühstücksflocken
von sich aus senkt, folgt der Konzern nicht seinem Gewissen, sondern
nacktem Kalkül. Das als solches allerdings hoffnungsfroh stimmt: Der
Weltmarktführer fürchtet offenbar einen gesundheitsbewussteren
Zeitgeist, der in Anti-Zucker-Gesetzen münden könnte. Nestlé will
darauf nicht warten, sondern sich lieber als Vorreiter vermarkten.
Dagegen kann niemand etwas haben. Eigentlich. Leider gehört zu jedem
verkauften Karton ein erwachsener Kaloriendealer. Eltern erwerben das
überzuckerte und gern als Cerealien verbrämte Zeug, um sich
zufriedene Kinder am Frühstückstisch zu erkaufen. Wenn nun Nestlé
werbewirksam den Zuckergehalt senkt, werden sie künftig die
Industrieware auch noch mit gutem Gewissen kaufen. Nur ist eine um
ein Viertel entzuckerte Süßigkeit immer noch eine Süßigkeit – und
kein gesundes Frühstück.
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