Wenn sich die Gelegenheit bietet, mit großen Kanonen
kleine Spatzen zu erledigen, ist auf das Europaparlament Verlass. 151
EU-Abgeordnete fordern eine Entschuldigung, besser noch die
Amtsentfernung des deutschen Energiekommissars Günther Oettinger. Der
habe ganze Länder gedemütigt, wider den europäischen Geist verstoßen
und erkennbar überhaupt nichts begriffen.
Die Wahrheit ist: Bei Günther Oettinger war die Zunge mal wieder
ein bisschen schneller als der Verstand und das Resultat dummerweise
in einem Zeitungsinterview zu besichtigen: Die Flaggen von
EU-Staaten, die durch Schuldenmacherei mit dem Euro Schindluder
treiben, vor allen EU-Gebäuden auf halbmast setzen! Eine
„unkonventionelle Idee“ meint Oettinger. „Stuss“ trifft es wohl eher.
Das eigentlich Peinliche daran ist indes nicht die vermeintliche
Fundamental-Beleidigung von Partner-Völkern. Kommissar Oettinger hat
nämlich durchaus ein europäisches Herz für die Nöte der
Schuldenstaaten am Mittelmeer und dazu auf Befragen sogar konkrete
Vorstellungen, wie man ihnen helfen könnte. Er ist beileibe kein
arroganter Griechenland-Verächter.
Das Peinliche ist vielmehr, wie flott ihm der Auftritt beim
Boulevard zu Kopfe steigt. Wenn der Kommissar dort zu Gast ist, denkt
und redet er gleich wie ein Vertreter dieses Metiers.
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