WAZ: Piraterie – Reeder müssen handeln. Kommentar von Dietmar Seher

Piraten waren einmal die Schrecken der Meere. Klaus
Störtebeker forderte die Hanse heraus. Heute locken die Freibeuter
allenfalls thrillergewöhnte TV-Zuschauer an oder die Gerichtsbesucher
in Hamburg. Seit gestern gibt es hier den ersten deutschen
Seeräuber-Prozess der Neuzeit.

Die hageren angeklagten Somalier wirken nicht wie die große
Gefahr. Die moderne Piraterie ist Kriminalität – sogar
Armutskriminalität, wenn dieser Begriff nicht die Brutalität der
Angriffe verharmlosen würde – und keine vorrangig militärische
Herausforderung. Das gilt, solange sich nicht Terrornetzwerke mit den
Seeräubern verbünden.

Piraterie wie die vor Somalia bedroht zwar die Freiheit des
Welthandels. Aber sie ist beherrschbar. Reeder müssen nur endlich
Besatzungen schulen, Schiffe mit Abwehrmitteln ausstatten und vor
allem ihre Routen melden. Dann reicht zunächst, so zeigt die
Erfahrung der letzten Jahre, die internationale Schutzflottille aus,
die vor dem Horn von Afrika kreuzt.

Der Prozess vor dem Hamburger Landgericht ist rechtsstaatlich
wichtig. Aber auch harte Urteile werden die somalischen Täter nicht
abschrecken. Um das Übel zu stoppen, muss in Somalia selbst angesetzt
werden. Es muss wieder ein funktionierender Staat werden, der seine
Bewohner ernähren kann – und selbst bestrafen, wenn sie gegen Recht
verstoßen.

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