WAZ: Pötschs Wahl wirft Fragen auf – Kommentar von Frank Meßing zu Volkswagen

Vor wenigen Tagen sprach Hans-Dieter Pötsch noch von
einer „existenzbedrohenden Krise“, in der sich der VW-Konzern
befinde. Als er das sagte, war er noch Finanzchef. Seit gestern ist
der 64-Jährige Aufsichtsratsvorsitzender und muss den
Abgas-Betrugsskandal aufklären, der in seine Amtszeit als Vorstand
fiel. Das wirft Fragen auf.

Ob Pötsch wirklich keine Mitverantwortung für die kriminelle
Software-Manipulation an elf Millionen Diesel-Fahrzeugen trägt, ist
noch nicht erwiesen. Die sonst übliche „Abkühlphase“ für einen
Manager, der in den Aufsichtsrat wechselt, überspringt VW einfach und
lässt den neuen Chefkontrolleur nicht einmal von den Aktionären
wählen, sondern vom Amtsgericht bestellen.

Volkswagen will und muss den Neuanfang hinbekommen, um verloren
gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Mit der Art und Weise, wie die
Familien Piëch und Porsche Pötsch an die VW-Aufsichtsratsspitze
hievten, haben sie bereits eine große Chance vertan. Ein Chefaufseher
von außen und ohne innere Seilschaften würde den nötigen Kulturwandel
in diesem Megakonzern besser verkörpern.

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