WAZ: Riskanter Rollentausch. Kommentar von Miguel Sanches

Es sagt sich so leicht. Bei ihr stimmt es wirklich.
Renate Künast spielt nicht auf Platz, sondern auf Sieg. Sie will die
nächste Bürgermeisterin von Berlin werden. Seit gestern hat es der
Sozialdemokrat Klaus Wowereit Schwarz auf Weiß: Die Grüne will ihn
aus dem Weg räumen. Das ist das Politikum. Es dürfte das Ende
rot-grüner Kuschelrhetorik sein, jedenfalls bei der SPD. Die Grünen
haben schon früher damit aufgehört.

Noch immer haben sie viele Gemeinsamkeiten. Nur: Die Führungsfrage
stellt sich neu. Der Kellner will Koch werden. Auch woanders laufen
Grüne der SPD den Rang ab. Aber sie gehen wenigstens gemeinsam gegen
die Union vor. In Berlin ist die SPD selbst der Gegner. Der muss erst
mal lernen, damit umzugehen.

In der Hauptstadt sind SPD, CDU, Linke und Grüne im Grunde auf
Augenhöhe, wobei sich Klaus Wowereit bald auf Zehenspitzen stellen
muss: 2011 dürfte das Jahr der Grünen werden. Keiner weiß, wie lange
der Hype noch anhalten wird. Künast dürfte sich insgeheim darüber
grämen, dass in Berlin erst im Herbst gewählt wird. Sicher ist, dass
ihre Bewerbung Pilotcharakter hat, aber nicht risikolos ist. Auf
Bundesebene bilden Grüne und Sozis nach wie vor ein Lager, das Künast
nun hart auf die Probe stellt.

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