WAZ: Sache der Hochschulen – Kommentar von Christopher Onkelbach zur Anwesenheitspflicht für Studenten

Der Streit um eine Anwesenheitspflicht für Studenten
gleicht einer Gespensterdebatte. Eine Universität ist keine Schule,
die jungen Erwachsenen studieren freiwillig. Ein wissenschaftliches
Studium zeichnet sich nicht durch körperliche Anwesenheit aus,
sondern durch: eigenständige Urteilsbildung, Aneignung von Wissen,
Offenheit für Neues, Überprüfung von Thesen, Kritik in der Sache,
Logik des Arguments, Freude an der Erkenntnis. Damit dies gelingen
kann, muss Studenten eine gewisse Haltung und Eigenverantwortung
abverlangt werden können.

Dabei sollte man die Lehrformate unterscheiden. In Vorlesungen
ergibt sich kein Lerneffekt durch aktive Teilnahme, sondern durch
aufmerksames Verfolgen eines im besten Fall gut aufbereiteten Stoffs.
Wer meint, darauf verzichten zu können, muss sich den Stoff
anderweitig aneignen. In Seminaren und Praktika aber kommt es auf
Austausch und Debatte an. Das geht nur, wenn man da ist. Wer das
nicht verstanden hat, ist falsch an der Uni. Man sollte es daher den
Hochschulen und Dozenten überlassen, wie und ob sie die Anwesenheit
regeln. Ein Gesetz war und ist dafür nicht nötig.

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