WAZ: Sensible Daten auf die Gesundheitskarte? – ein Pro und Contra der WAZ

Pro: Die Karte kann Leben retten
– von Stefan Schulte

Datenschützer mögen sich die Hände reiben ob des Debakels um die
Gesundheitskarte. Patienten können sich nur wünschen, dass es doch
irgendwann klappt. Heute schleppen sie handgeschriebene Berichte von
Arzt zu Klinik und zurück, lassen hier wie dort die gleichen
Untersuchungen doppelt über sich ergehen und erzählen mitunter alle
paar Wochen einem anderen Arzt ihre Geschichte von vorn.

Und sie müssen hoffen bei Bewusstsein zu sein, wenn ihnen im
Notfall Medikamente verabreicht werden. Sonst weiß der Arzt nicht,
was sie sonst noch für Pillen schlucken. Tausende Menschen sterben
jedes Jahr an Wechselwirkungen von Arzneien. Das alles muss nicht
sein und ist ein Anachronismus im digitalen Zeitalter. Die
Gesundheitskarte könnte das ändern, könnte Leben retten. Natürlich
sind die Daten sensibel, ihre Nutzung wäre aber freiwillig. Jeder
sollte selbst die Risiken und Chancen für sich abwägen können.

Contra: Zeitfresser Gesundheitskarte
– von Petra Koruhn

Die Gesundheitskarte, die alles weiß, klingt verlockend. Doch
Vorsicht: Sie führt in der Praxis zu noch mehr Bürokratie: Denn das,
was da als Datensatz steht, muss erst entschlüsselt werden. Das
kostet Zeit. Ein Arzt, der mit dem Kopf im Computer steckt, hat dann
kein Ohr mehr für die Nöte der Kranken. Doch Zuhören ist der
wesentliche Schritt zur Heilung!

Benötigt der Arzt einen Befund, kann er schon heute auf kurzem Weg
per E-Mail beschafft werden. Doppeluntersuchungen müssen also schon
heute nicht sein. Die meisten Patienten heute sind extrem gut
aufgeklärt und in der Lage, dem Arzt zu sagen, was mit ihnen los ist.
Die anderen, Demente zum Beispiel, die das nicht können, bleiben
meist bei ihrem Hausarzt, der sie gut kennt. Auch er erhält die
Befunde der anderen Ärzte auf schnellstem Wege. Alle reden heute vom
mündigen Patienten. Der gläserne Patient ist das genaue Gegenteil.

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