WAZ: Spalterische Tarifvielfalt – Kommentar von Stefan Schulte zu Real

Die Metro scheint wild entschlossen, ihren lange
angekündigten und immer wieder verzögerten Konzernumbau zu Ende zu
bringen. Wie nun vom Kaufhof wollten die Düsseldorfer sich seit
Jahren immer mal wieder auch von ihren Real-Märkten trennen. Doch
während der Kaufhof nun für einen guten Preis in hoffentlich gute
Hände gegangen ist, war es zuletzt um Real still geworden. Der
Ausstieg aus dem Tarif muss vor diesem Hintergrund als Versuch
gewertet werden, die offenbar wenig begehrte Tochter hübsch zu machen
für den Verkauf. Tarifpolitisch ist es aber schlicht eine Unsitte,
unter Verweis auf tarifflüchtige Konkurrenten es diesen gleichzutun.
Mit der Post argumentiert derzeit sogar ein teilstaatliches
Unternehmen ganz ähnlich.

In letzter Konsequenz hieße das, im Sinne gleicher
Wettbewerbsbedingungen für alle das so bewährte deutsche Tarifsystem
außer Kraft zu setzen, sobald einer ausschert. In Zeiten, da die
Politik nicht nur einen Mindestlohn eingeführt hat, sondern sich auch
bemüht, möglichst viele Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu
erklären, geht diese Entwicklung in die völlig falsche Richtung. Sie
spaltet Belegschaften. Dass Kollegen für dieselbe Arbeit verschiedene
Löhne erhalten, will auch nicht recht zur schönen neuen Tarifeinheit
passen.

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