WAZ: Standorte sind nur eine Stellschraube. Kommentar von Frank Meßing zu Karstadt

Karstadt steckt nicht nur seit vielen Jahren in der
Krise, weil das Warenhaus-Konzept angeblich ein Auslaufmodell ist. Zu
der Misere führte vielmehr auch Missmanagement. Vorneweg der Verkauf
der Immobilien, der kurzfristig Geld in die Kasse spülte, den Konzern
langfristig aber teuer zu stehen kommt, weil exorbitante Mieten
anfallen. Ob Karstadt wieder auf die Beine kommt, ist deshalb auch
eine Immobilienfrage. Der neue Eigentümer René Benko wird noch unter
Beweis stellen müssen, dass ihm auch das Handelsgeschäft am Herzen
liegt, und nicht nur die 20 Karstadt-Häuser, die seiner Signa-Holding
gehören. Dass ausgerechnet die Filiale in bester Stuttgarter
Innenstadt-Lage zu den ersten sechs Schließungskandidaten gehört,
bestärkt Kritiker in ihrem Verdacht, dass Benko allein mit der
Entwicklung von Immobilien Geld verdienen will. Im Ruhrgebiet wird er
es nicht so leicht haben, die Warenhäuser in Einkaufscenter zu
verwandeln. Allein das Haus in Dortmund gehört zu Benkos Reich. In
Essen, Duisburg und Mülheim etwa ist Karstadt jeweils selbst Mieter
in gutgehenden Shopping Malls. In Sicherheit können sich aber auch
diese Filialen nicht wiegen. Während es im Essener Center Limbecker
Platz am vergangenen Samstag brummte, hielt sich der Kunden-Zulauf in
den Karstadt-Abteilungen – gelinde gesagt – in Grenzen. Die Standorte
sind nur eine Stellschraube für die Zukunft des Konzerns. Karstadt
muss dringend an Image und Konzept arbeiten, um noch eine Chance zu
haben.

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