WAZ: Streit um Hotelsteuer – Lindner, der Taktiker. Kommentar von Thomas Wels

In der Politik ist ein Rüffel zuweilen ein
Ritterschlag, auch wenn die Kritik von der Kanzlerin kommt, erst
recht wenn sie vom CSU-Chef stammt. So gesehen hat der junge
FDP-Generalsekretär Lindner einmal mehr sein taktisches Talent
bewiesen: Er hat es als erster geschafft, die FDP in Sachen
Hotel-Steuer aus der Grube namens Klientel-Partei zu befreien, in die
sie sich manövriert hatte. Jetzt wird klar, dass auch die CSU aus dem
Hotel-Land Bayern diesen Unsinn betreibt. So weit die Taktik.

In der Sache bleibt der Vorgang, was er ist: eine ökonomisch
unsinnige Bevorzugung einer einzelnen Branche. Man darf gespannt
sein, ob die Liberalen die intellektuelle Kraft haben, die Risse in
ihrem ordnungspolitischen Fundament zu kitten. Ansätze gäbe es
zuhauf: Es klafft eine gigantische Lücke zwischen der
Oberflächen-Politik einer Steuersenkungspartei und der Aufarbeitung
der Finanzkrise. Solange immer noch zig Billionen Dollar losgelöst
von echten Werten als Spekulationsblasen um den Globus treiben, muss
man von entfesselter Marktwirtschaft sprechen. Wenn eine kleine
Gruppe Finanz-Alchimisten die Macht hat, ganze Staaten in Haftung zu
nehmen, läuft etwas schief. Schlag nach in den Heften „Ordnung der
Wirtschaft“ (Walter Eucken, 1937).

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