Die Mülheimer Handelsgruppe Tengelmann setzt
langfristig auf Familienmitglieder an der Unternehmensspitze. „Meine
Eltern, meine zwei Brüder und ich haben ein Regelwerk aufgestellt,
wie die insgesamt acht Kinder der nächsten Generation in die Firma
eintreten können“, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub der in
Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ,
Donnerstagausgabe). „Voraussetzung ist aber die Befähigung, der- oder
diejenige ,muss es können–. Das Unternehmen ist ganz sicher kein
Versorgungswerk“, fügte Haub hinzu. Die Wahrscheinlichkeit sei groß,
dass die Familientradition fortgesetzt werden könne, wenn er eines
Tages aus dem Familienunternehmen ausscheiden werde, berichtete Haub.
„Unsere Kinder wachsen völlig normal auf, sie haben öffentliche
Kindergärten und Schulen besucht. Sie haben jetzt zu studieren
begonnen und alle Freiheiten, sich für ihren Wunschberuf zu
entscheiden. Aber natürlich würde es mich freuen, wenn sie Interesse
an unserem Familienunternehmen hätten – aktiv oder passiv.“
Zur Tengelmann-Gruppe gehören die Obi-Baumärkte, der
Textildiscounter KiK, die Supermärkte Kaiser–s und Tengelmann sowie
die Online-Händler Baby-Markt.de und Plus.de. Das Familienunternehmen
erzielt einen Jahresumsatz von mehr als elf Milliarden Euro, ist in
20 Ländern tätig und beschäftigt in über 4300 Filialen mehr als
83.000 Mitarbeiter. Mit Karl-Erivan Haub (53) führt die fünfte
Generation das Familienunternehmen Tengelmann.
Das zu Ende gegangene Jahr sei im Einzelhandel von den Discountern
geprägt worden. „2013 war ein Jahr des Discounts“, sagte Haub. „Die
Discounter sind unglaublich innovativ, haben in Frisch-Backsysteme
investiert, ihren Markenanteil ausgebaut und die Öffnungszeiten
verlängert. Da wir noch an der Kette Netto beteiligt sind, wissen wir
aus erster Hand, wie gut sich das Segment entwickelt.“ Den Trend zu
längeren Öffnungszeiten bei den Discountern bekomme auch die
Tengelmann-Gruppe in ihren Supermärkten zu spüren. „In den letzten
zwei Stunden am Abend ist es deutlich ruhiger geworden, seit die
Discounter länger geöffnet haben“, berichtete Haub. „Aber am
deutlichsten spüren es wohl die Tankstellenshops, die in den
vergangenen Jahren enorme Zusatzsortimente aufgebaut haben.“
Vehement verteidigte Haub die Produktion von Textilien für KiK im
Billiglohnland Bangladesch. Dass KiK beispielsweise T-Shirts für 1,99
Euro in Deutschland anbiete, sei sinnvoll, „weil letztlich viele
Menschen darauf angewiesen sind, so preiswert einzukaufen und weil
die Qualität nicht schlechter ist als teurere Ware“, sagte Haub. „Ich
wehre mich dagegen, dass es aufgrund niedriger Preise automatisch zu
schlechten Produktionsbedingungen kommen muss.“ Er fügte hinzu: „Ich
habe mir die Fabriken angeschaut, in denen KiK, aber auch
Markenfirmen nähen lassen. Andere verkaufen Produkte aus denselben
Nähereien mit 200 oder sogar 400 Prozent Marge. Würden die
Textilunternehmen die Aufträge für Bangladesch jetzt streichen,
müssten wir das Land in fünf Jahren wieder mit Entwicklungshilfe
unterstützen.“
Der verheerende Einsturz einer Fabrik in Bangladesch und der Brand
in einer anderen hatten weltweit für Entsetzen gesorgt und die
Verantwortung der Textilunternehmen in den Fokus gerückt. Es sei
mittlerweile unbestritten, „dass alle einkaufenden Textilunternehmen
mit diesem Problem zu tun haben – selbst die teuren Labels“, sagte
Haub. „Wir hatten in den letzten Jahren begonnen, allein und aus
eigener Kraft einige Verbesserungen in den Produktionsländern auf die
Beine zu stellen. Das ist uns aber nicht mit großem durchschlagendem
Erfolg gelungen. Es ist sehr traurig, dass es dieses tragische
Unglück brauchte, damit sich alle Unternehmen, die dort produzieren
lassen, endlich an einen Tisch setzten, um gemeinsam etwas zu
bewegen. Das Brandschutzabkommen für Bangladesch wäre vorher gar
nicht denkbar gewesen.“
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