Autobauer auf der ganzen Welt haben in der
Vergangenheit selbst lebensgefährliche Fehler ihrer Fahrzeuge häufig
vertuscht und lieber hohe Entschädigungszahlungen für Todesopfer
einkalkuliert, als teurere und imageschädigende Rückrufaktionen zu
starten. Insofern ist der Autobranche vieles zuzutrauen. Dass ein
Konzern jedoch mit krimineller Energie versucht, Behörden,
letztendlich auch seine Kunden massiv zu betrügen wie jetzt
Volkswagen, erschüttert dennoch, gerade während der Hochmesse der
deutschen Autobranche, der IAA. Sofort stellt sich die Frage nach der
Verantwortung von VW-Lenker Martin Winterkorn, jahrelang
Entwicklungsleiter, bekannt als detailversessener Ingenieur, der sich
rühmt, jede Schraube in seinen Volkswagen zu kennen. Ist es denkbar,
dass tatsächlich eine verschwörerische Clique in Wolfsburg auf eigene
Faust die Steuerungssoftware von Dieseln manipuliert hat? Die
Verantwortung dafür trägt auch ein nichtwissender Winterkorn, und
gestern wurde es bereits einsam um ihn. Niemand sprang ihm bei. Kommt
jetzt, woran selbst der scheinbar allmächtige Ferdinand Piëch
scheiterte: Winterkorns Ablösung? Was auf jeden Fall kommt, ist ein
Vertrauensverlust in die Glaubwürdigkeit der deutschen Autoindustrie
und in der Folge konsequentere Kontrollen – oder: mehr gesundes
Misstrauen.
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