WAZ: Vorbildlich – Kommentar von Miguel Sanches

Natürlich machte es Eindruck. Die Zu-schauer im
Bundestag bekamen was ge-boten: Eine Debatte, die ein Beitrag zur
politischen Kultur war. So leise, so lauter, so würdig, so frei, so
respektvoll ging es zu, so ganz ohne Herdenzwang. Sie rangen um
Ar-gumente: pro und contra Präimplantationsdiagnostik. Aber man
sollte einen Schritt zurück gehen, die Debatte aus größerer Distanz
verfolgen: Es war nicht der Normalfall, es fiel keine Entscheidung.
Vor allem ändert die Diskussion wenig am Lauf der Dinge. Die
Fortpflanzungsmedizin ist unaufhaltsam. Warum sollte es bei der PID
anders sein als bei der Stammzellenforschung und der
Abtreibungsregelung? Wer bei einer künstlichen Zeugung den Embryo auf
Gen-Defekte testen will, wird es auch künftig tun, zur Not im
Ausland. Wer für die PID ist, befindet darüber, welches Leben
lebenswert ist und welches nicht. So viel Ehrlichkeit muss sein. Die
PID lässt sich vertreten; sie ist einer späteren Abtreibung
vorzuziehen. Am Ende muss jeder sein eigenes Gewissen befragen: Jedes
Paar, das eine PID in Erwägung zieht, jeder Abgeordnete, der über
einen gesetzlichen Rahmen zu befinden hat.

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