Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass sich
die ökonomischen und politischen Gewichte der Welt erheblich
verschoben haben, dann hat ihn der Gipfel der wichtigsten 20 Länder
in Südkorea erbracht. Wie sehr die Erde bebt, weil sich die
tektonischen Platten der Weltwirtschaft verschoben haben, kann man an
der absurden Idee der USA ermessen, Obergrenzen für Exportüberschüsse
festlegen zu wollen.
Der Vorschlag ist in etwa so, als würde der amerikanische Gesandte
im Olympischen Komitee vorschlagen, keine 100-Meter-Läufe mehr zu
werten, die schneller sind als der Weltrekord von 9 Sekunden 58.
Zwecks Erleichterung. Die erhofften sich die USA auch durch
Exportbegrenzung: weil die US-Wirtschaft nicht leistungsfähig genug
ist, weil sich die Amerikaner mit einer haarsträubenden
Schuldenpolitik selbst betäuben und schwächen. Nein, die USA müssen
ihre Probleme schon selbst an der Wurzel packen. Wie im Übrigen auch
die Franzosen, die Deutschland ebenfalls Vorwürfe gemacht haben wegen
der Exportüberschüsse made in Germany. Kluge Lohnpolitik, hohe
Produktivität, gute Ingenieurleistungen – das lässt sich nicht
staatlich herunterregulieren.
Das neue Gewicht von China, das in der Tat mit einer
unterbewerteten Währung seine Ausfuhren künstlich billig hält, das
enorme Wachstum in einigen Ländern Lateinamerikas und die Kraft der
europäischen Lokomotive Deutschland relativieren die Stärke der
Weltmacht USA. Auf absehbare Zeit bleibt das so, damit bleiben uns
auch die Streitereien über unterbewertete und mithin exportfördernde
Währungen erhalten. Was nicht ungewöhnlich ist. Als unter
US-Präsident Jimmy Carter 1977 der Dollar verfiel, die D-Mark zur
Weltwährungsreserve und Deutschland zur ökonomischen Macht wurde,
fingen kluge Politiker an, ein Währungssystem zu erfinden. Heute
haben wir den Euro. Die neue Debatte über Weltwährungsmechanismen
steht erst am Anfang.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de