WAZ: Wenn das Vertrauen in den Arzt enttäuscht wird – Kommentar von Winfried Dolderer

Wohl kaum etwas ist so sehr Vertrauenssache wie der
Arztbesuch. Zumal, wenn ein schwerwiegender Eingriff bevorsteht. Wenn
wir ernsthaft erkrankt sind. Dass wir dann einen Mediziner vor uns
haben, der nicht versucht, uns eine überflüssige Behandlung
einzureden, der weiß, wovon er spricht und uns fehlerfrei kurieren
wird, daran müssen wir einfach glauben. Dass also der Operateur sich
die Zeit nimmt, den Patienten auch über Risiken aufzuklären, gehört
zu den Grundregeln im Klinikalltag. Dass da, wo die Kasse für eine
Leistung nicht zahlt, der Arzt den Patienten über die Kosten
aufzuklären hat, bevor er Blut abnimmt oder den Ultraschall anwirft,
muss man so etwas extra in ein Gesetz schreiben? Nun braucht der
Gesetzgeber nicht zu regeln, was ohnehin funktioniert. Er schafft
Rechtssicherheit für die Fälle, in denen Vertrauen enttäuscht wird.
Vielfach besteht Gesetzgebung einfach darin, eingebürgertes Recht in
eine übersichtliche Fassung zu bringen. Insofern ist das gestern
vorgelegte Patienten-rechtegesetz eine anerkennenswerte Fleißarbeit.
Viel verändern im Verhältnis Arzt-Patient wird sich nicht. Das
beklagt die Opposition: Die Regierung habe auf die Zustimmung der
Ärzte mehr Wert gelegt als auf die Interessen der Betroffenen. Das
mag so sein, wenn man Ärzte und Patienten als natürliche Gegner
sieht. Ob das sinnvoll ist, ist fraglich. Ob sich ein
Vertrauensverhältnis bis ins letzte Detail gesetzlich regeln lässt,
auch.

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