WAZ: Wenn Stärke zum Nachteil wird – Kommentar von Frank Meßing zu Siemens

Wenn der Rotstift, der einmal mehr bei Siemens
regiert, bei der aktuellen Verschlankungsrunde vor allem in Bayern
regiert, bedeutet das längst keine Entwarnung für die Standorte an
Rhein und Ruhr. Die Pläne, 3300 deutsche Verwaltungsjobs zu
streichen, sind womöglich nur der Vorgeschmack darauf, was im
Frühjahr noch folgen kann. Denn das große Siemens-Geschäftsfeld
Energietechnik steckt in der Krise.

Konzernchef Joe Kaeser lässt es gerade von der
Unternehmensberatung McKinsey durchleuchten. Im Juni sollen die
Ergebnisse vorliegen. Die wegbrechenden Aufträge für große Kraftwerke
lässt das Mülheimer Dampfturbinen- und Generatorenwerk mit seinen
fast 5000 Beschäftigten zittern. Sie befürchten, dass Teile von
Entwicklung und Fertigung ins US-Schwesterwerk Charlotte verlagert
werden.

Die neue Spartenchefin Lisa Davis soll das Energiegeschäft ohnehin
aus ihrer amerikanischen Heimat steuern. Durch den Fracking-Boom ist
Energie in den Staaten günstiger geworden, während die Energiewende
in Deutschland neue Kohle- und Gaskraftwerke unrentabel macht.

Die einstige Stärke des Mülheimer Werks, große Dampfturbinen und
Generatoren bauen zu können, könnte angesichts des Vorrangs für Sonne
und Wind zum Nachteil werden. Den Beschäftigten dort ist zu wünschen,
dass dem Siemens-Management etwas einfällt, die Umwälzungen bei der
Energieerzeugung als Chance für Mülheim zu nutzen.

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