WAZ: Wirtschaftsspionage? Kommentar von Dietmar Seher

Steuersünder betrügen die deutsche Staatskasse jedes
Jahr um Milliarden. Gerne genutzt ist das Parken der unversteuerten
Einkünfte in der Schweiz, die das Bankgeheimnis sorgsam hütet. Für
die Schweizer Bankenwelt ist das eine gute Einnahmequelle – und ein
Ärgernis für die deutschen Finanzminister, die der Bevölkerung zu
Hause Sparprogramme zumuten müssen.

Das löst Wut aus. Mit wenigen Ausnahmen standen Parteien und
Politiker hinter Nordrhein-Westfalen, als die Regierung Rüttgers 2010
eine gestohlene CD mit Namen und Kontodaten kaufte. 2,5 Millionen
Euro erhielt der Vermittler. In Deutschland flogen die Sünder
reihenweise auf.

Man darf sagen: So weit, so gut. Aber es gibt, wenn die Schweizer
Bundesanwälte mit ihrer detailreichen Darstellung der Ereignisse
richtig liegen, den Verdacht, dass die Landesregierung viel weiter
gegangen ist. Dass sie ihrem Informanten immer neue Aufträge gab, die
sich nicht nur auf Kundendaten bezogen, sondern auf bankinterne
Vorgänge.

Das nennt man Wirtschaftsspionage. Es stellt die Glaubwürdigkeit
des Rechtsstaats infrage. Viel ist unklar in diesem Drama. Die Karten
müssen auf den Tisch.

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