Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt,
hat die Klimapolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Wenn die
Politik glaube, mit dem Ausstieg aus der Braunkohle die Energiewende
besser steuern zu können, „irrt sie sich gewaltig“, sagte er der
Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Mittwochausgabe). Statt die
Mengen des Treibhausgas-Ausstoßes staatlich gesteuert zu senken,
solle sie auf einen einheitlichen Preis für Kohlendioxid (CO2)
setzen, unabhängig davon, wo es freigesetzt wird: „Wer mehr
Treibhausgase in die Atmosphäre entlässt, sollte auch mehr bezahlen.“
Schmidt, Präsident des RWI Leibniz-Instituts und Vorsitzender des
Sachverständigenrats der Bundesregierung, hat gemeinsam mit dem
Klimaökonomen Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut für
Klimafolgenforschung der Regierung einen Vorschlag für eine neue
CO2Besteuerung vorgelegt. Darin plädieren die Wissenschaftler für
einen europaweiten Mindestpreis für den Ausstoß von Kohlendioxid –
und zwar einheitlich für die Industrie, den Verkehr und den
Wohnungssektor. Ersatzweise solle Deutschland mit einigen Partnern
eine nationale CO2-Steuer einführen, die auch fossile Treibstoffe wie
Benzin, Diesel und Heizöl verteuern würde. Im Gegenzug solle die
Stromsteuer auf ein Minimum gesenkt werden und der Staat seine
Einnahmen aus der CO2-Steuer zum Teil direkt an die Bürger
zurückzahlen, um sie nicht zu überfordern.
Die Konzentration der Regierung auf den Kohleausstieg hält Schmidt
für zu kurz gedacht. „Wenn sie nur eine Emissionsquelle aus dem Spiel
nimmt, werden andere attraktiver, etwa Steinkohle. In Summe gelangen
dann nach wie vor zu viel Treibhausgase in die Atmosphäre.“ Es reiche
nicht aus, bei der Emissionsvermeidung nur auf die Industrie zu
schauen, aber kaum auf den Verkehr und den Wohnungssektor. „Alle
Verursacher von Emissionen müssten gleichermaßen an ihrem CO2-Ausstoß
gemessen und entsprechend besteuert werden“, sagte der
Regierungsberater. Wer etwa der Meinung sei, „er müsse einen dicken
SUV fahren“, würde dann auch mehr für den höheren CO2-Ausstoß zahlen
müssen.
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