Es gibt zwei verbreitete Missverständnisse über
Finanzmärkte. Erstens ist es irreführend, darin bloß ein großes
Casino zu sehen. Denn im Casino setzen die Gäste nur ihr eigenes Geld
aufs Spiel. Doch an den Kapitalmärkten haben die Kursschwankungen
weitreichende Folgen für Dritte, die selbst niemals ein Casino
betreten. Etwa für Unternehmen, die auf einmal höhere Zinsen zahlen
müssen. Oder für Haushalte, die plötzlich mehr Geld für Heizöl
ausgeben müssen. Oder für Landwirte, die teureres Getreide kaufen
müssen, um ihr Vieh zu füttern. Zweitens ist es zumindest ungenau,
wenn behauptet wird, Spekulanten nutzten doch lediglich den Markt
aus. Meist nutzen sie nämlich gerade dessen Schwächen. Indem sie sich
etwa an Trends anhängen, Nachfrage vortäuschen oder gezielt Sorgen
vor Engpässen schüren, um Preise zu treiben. Es gibt keinen Grund,
spekulativen Anlegern diese Spielräume zu belassen. Deshalb schadet
es nicht dem Markt, sondern stärkt ihn sogar, wenn Europas
Regierungen und die EU-Kommission die Regeln des Börsenspiels
straffen – und den Bluffern einen Strich durch die Rechnung zu
machen.
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