Weser-Kurier: Der Weser-Kurier kommentiert in seiner Ausgabe vom 16.Januar 2012 die Entscheidung der Ratingagentur S&P zur Abstufung von neun Euroländern.

Letzte Warnung

Nicht die Herabstufung der Bonität von AAA auf AA+ ist so schlimm.
Sie bedeutet unmittelbar nur, dass einige Fondsgesellschaften,
Renten- und Lebensversicherungen nun von französischen oder
österreichischen Staatsanleihen die Finger lassen müssen, weil sie
verpflichtet sind, ihr Geld nur bei allerhöchster Sicherheit
anzulegen. Die Finanzminister werden allerdings steigende Zinssätze
zahlen müssen, wenn sie ihre Milliardenschulden refinanzieren.
Unangenehm daran ist, dass jede kleinste Zinsänderung die
Schuldenlast weiter vergrößert und damit mühsam erreichte
Sparmaßnahmen gleich wieder verpuffen lässt. So ist es verständlich,
dass viele Politiker nun sauer sind auf die Ratingagentur. Zumal sie
nicht einmal verrät, was konkret denn getan werden sollte, um das
Schuldenrating wieder zu verbessern. Vorschläge von anderer Seite
dafür gibt es viele. Soweit sie zu Lasten der kleinen Leute gehen,
sind sie allerdings kontraproduktiv, weil sie die Kaufkraft, die
Konjunktur und damit die Steuereinnahmen abwürgen. Mit Vorschlägen,
die zu Lasten der Vermögenden gehen, tun sich die Politiker noch
schwer. Zwar wurden erste Maßnahmen gegen die Steuerflucht der
Millionäre beschlossen. Doch noch immer gibt es viele
Steuerparadiese, kaum Vermögens- und Erbschaftssteuern, keine
Börsenumsatzsteuer. Nicht mal die Bundesrepublik schafft es, zumal
mitten in der Hochkonjunktur, so auch nur einen Euro vom Schuldenberg
abzubauen. Im Gegenteil. Dennoch ist sie für Standard & Poor–s immer
noch kreditwürdiger als die anderen EU-Staaten. Für eine Agentur
wohlgemerkt, die davon lebt, für diejenigen, die den Staaten ihr Geld
leihen, die Anlagerisiken zu bewerten.Dass die Staaten diese
Vermögenden nun auch mal stärker zur Kasse bitten sollte, das
empfehlen die Ratingagenturen verständlicherweise nicht. Aber das
forderten sogar schon Multimillionäre – nicht nur amerikanische,
sondern auch deutsche. Ausgerechnet der Warnschuss von Standard &
Poor–s könnte es unumgänglich machen, auf sie zu hören.

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