Weser-Kurier: Höchste Arbeitsrichterin mahnt zu großer Ehrlichkeit im Job

Deutschland höchste Arbeitsrichterin hat
Arbeitnehmer zu großer Ehrlichkeit am Arbeitsplatz ermahnt und vor
sogenannten Bagatelldelikten gewarnt. „Es bleibt dabei, dass auch
scheinbar kleinere Verfehlungen eine fristlose Kündigung
rechtfertigen können“, sagte Ingrid Schmidt, die Präsident des
Bundesarbeitsgerichts, im Gespräch mit dem „Weser-Kurier“
(Sonnabendausgabe). „Man kann nicht einfach das, was einem nicht
gehört, wegnehmen und glauben, dass das Vertrauensverhältnis zum
Arbeitgeber davon unbeeinträchtigt wäre.“ In der vergangenen Woche
hatte das Bundesarbeitsgericht überraschend das Urteil gegen eine
Berliner Supermarktkassiererin aufgehoben, die unberechtigterweise
Pfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte. Die Kündigung gegen
die Emmely genannte Frau musste zurückgenommen werden, die Richter
fanden, dass eine Abmahnung gereicht hätte. Das sei ein Erfolg für
„Emmely“, aber keine generelle Entwarnung für Arbeitnehmer, so
Schmidt. Im Gegenteil: „Ich finde es nach wie vor richtig, dass man
das Eigentum des Arbeitgebers und Vermögenswerte Dritter, mit denen
man im Arbeitsverhältnis in Berührung kommt respektiert.“ Diese Werte
stünden dem Arbeitnehmer nicht zur freien Verfügung, und genau das
sollte er sich immer wieder bewusst machen – gerade im Einzelhandel,
wo eine Vielzahl kleinerer Delikte zulasten des Arbeitgebers in der
Summe einen großen Schaden ausmachen können, betont Schmidt. Anders
als im Strafrecht könne ein Arbeitnehmer auch nicht darauf hoffen,
dass im Zweifel vor Gericht für ihn entschieden werde. Der Grundsatz
„im Zweifel für den Angeklagten“ würde im Straf-, aber nicht im
Arbeitsrecht gelten, so Ingrid Schmidt. „Da reicht die überwiegende
Wahrscheinlichkeit einer Vertragsverletzung wegen der nötigen
Vertrauensbasis des Arbeitsverhältnisses als Begründung für eine
Kündigung aus.“

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