Weser-Kurier: Kommentar:Über die Kritik aus der Türkei schreibt Susanne Güsten

Mit deprimierender Vorhersehbarkeit reagiert die
Türkei auf den Bundestagsbeschluss zum Völkermord an den Armeniern.
Ankara sieht Nazis, verlogene Europäer und eine listige
Bundeskanzlerin, die offenbar nichts anders zu tun hat, als sich
immer neue Methoden auszudenken, um die Türkei unter Druck zu setzen.
Man muss die Entscheidung des deutschen Parlamentes nicht gutheißen –
und man kann lange darüber diskutieren, ob eine solche Resolution
tatsächlich dazu beiträgt, Türken und Armenier miteinander zu
versöhnen. Aber das Keller-Niveau der Kritik, mit der türkische
Politiker und Medien auf die Deutschen und die türkischstämmigen
Bundestagsabgeordneten eindreschen, ist eines großen Landes nicht
würdig. Vielmehr zeigen die reflexartigen Wutausbrüche die Spirale
aus Verleugnung, verweigerter Aufarbeitung und Schuldzuweisungen an
andere, in denen die Türkei gefangen ist. Zwar ist das Armenier-Thema
nicht tabu. Doch zu einer ehrlichen Betrachtung eines dunklen
Kapitels seiner Geschichte kann sich das Land nicht aufraffen. Da ist
es einfacher zu behaupten, es gebe diese dunklen Kapitel überhaupt
nicht.

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