Weser-Kurier: Kommentar von Kristin Hermannüber Charlie Hebdo

Das Foto des toten Aylan Kurdi zu betrachten, hat
wehgetan. Das Thema nun eingebettet in das Satiremagazin Charlie
Hebdo zu sehen, scheint für einige Menschen zu viel zu sein. Deswegen
verurteilen sie die Interpretationen des französischen Zeichners
Laurent Sourisseau. Zu unrecht. Satire darf das. Sie muss nicht immer
humorvoll auf Probleme aufmerksam machen. Wenn es nötig ist, darf
Satire richtig wehtun. Dieses Mal ist es keine Mohammed-Karikatur,
sondern ein schonungsloser Spiegel, der der westlichen Gesellschaft
zeigt, wie wenig sie die Flüchtlingsproblematik in den Griff bekommt,
obwohl sie im Überfluss lebt. Das, was eine der Karikaturen
thematisiert, ist nicht falsch. Der kleine Aylan wurde an den Strand
in der Nähe eines Ferienortes gespült. Das Elend passiert genau da,
wo Touristen Urlaub machen. Und so traurig es ist: Viele der
täglichen Fotos von Flüchtlingen nehmen wir nicht mehr richtig wahr.
Diese Zeichnung jedoch rüttelt wach – für eine Weile zumindest. Denn
es ist wichtiger, die Flüchtlingswege mit ausreichend Booten zu
schützen, als die Bilder zu verurteilen, die uns unser Versagen
erschreckend ehrlich vor Augen führen. Aylan zuliebe.

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